Zahlreiche Betroffene erfüllen die Kriterien für eine medizinisch klassifizierte Essstörung nicht, leiden aber dennoch sehr unter ihrem Essverhalten. Sie essen, obwohl sie keinen körperlichen Hunger verspüren und/oder sie können nicht aufhören zu essen, obwohl sie körperlich eigentlich vollkommen satt sind. Dem Begriff des emotionalen Essens wird in der Klassifizierung von Essstörungen bis anhin keine Bedeutung beigemessen. Nichtsdestotrotz stelle ich in meinen Coachings fest, dass emotionale Esser sehr unter ihren Essgewohnheiten leiden, weshalb mir die Thematik des emotionalen Essens auch sehr am Herzen liegt und ich mich sehr stark damit befasse.
Was ist emotionales Essen?
Wenn Menschen ohne körperliche Hungergefühle essen oder mit dem Essen nicht aufhören können, dann essen sie aus seelischen, psychischen oder eben emotionalen Gründen. Sie essen nicht, weil der Körper Nahrung braucht, sondern sie essen, weil sie sich anders fühlen wollen. Sie versuchen mit dem Essen unangenehme Gefühle wie z.B. Enttäuschung, Langeweile, Ärger, Trauer abzudämpfen, um sie nicht spüren zu müssen. Wer wurde als Kind nicht schon mit Süssigkeiten getröstet? Emotionales Essen beginnt oft bereits in der Kindheit und ist ein antrainiertes Verhaltensmuster zur Emotionsregulation.
Jeder Mensch isst zuweilen aus emotionalen Gründen. Selbst natürlich schlanke Menschen essen manchmal mehr, als der Körper ihnen signalisiert. Der grosse Unterschied zwischen "normalen" intuitiven Essverhalten und einer emotionalen Essproblematik liegt darin, dass das emotionale Essen bei natürlich schlanken Menschen nicht regelmässig auftritt und sie sich nach der Nahrungsaufnahme keine Gedanken darüber machen, wie sie nun die überschüssige Kalorienmenge wieder loswerden können. Menschen, die jedoch unter ihrem emotionalen Essverhalten leiden, machen sich nach der Nahrungsaufnahme grosse Vorwürfe, es plagt sie das schlechte Gewissen und viele verfallen dem Selbsthass und bezeichnen sich in diesem Moment als Versager. Entweder wird dann aus lauter Frust noch weiter gegessen (weil es ja eh nicht mehr drauf an kommt) oder es wird beispielsweise eine Mahlzeit weggelassen, um die überschüssige Kalorienaufnahme wieder zu neutralisieren.
Emotionale Esser haben ein sehr angespanntes Verhältnis zum Essen. Bei den meisten treten regelmässig Essanfälle auf. Es gibt aber auch Betroffene, die keine Essanfälle haben, sondern einfach immer etwas am Naschen sind und sich im Anschluss daran darüber aufregen und sich dann überlegen, was sie dagegen tun können, um infolge des emotionalen Essens kein Gewicht zuzulegen. Sie passen also permanent auf, was, wann und wie viel sie essen. Ob jemand normal- oder übergewichtig ist, spielt bei einer emotionalen Essproblematik keine Rolle.
Wie wirst Du emotionales Essen los?
Meiner Meinung nach sollte es nicht das Ziel sein, dass man nie mehr aus emotionalen Gründen isst. Essen ist und bleibt in unserer Gesellschaft eine soziale Aktivität und man sollte sich nicht selbst damit kasteien, sich jegliches emotionales Essen zu verbieten. Denn Verbote führen bekannterweise dazu, dass man das Verbotene umso mehr will und irgendwann gibt man dem Druck nach und der Teufelskreis beginnt von vorne. Was Du dagegen vermeiden solltest, ist das nebenher Naschen. Was meine ich damit? Du kennst es bestimmt, Du sitzt am PC, bist müde oder vielleicht auch genervt und greifst dann zur Kekstüte oder zur Schokolade. Und ehe Du Dich versiehst, ist die Packung leer. Das nennt sich unachtsames Essen und führt nur dazu, dass Du Dich auch nach der leeren Packung nicht wirklich gesättigt fühlst, weil Du das Essen nicht mal mitbekommen hast. Wenn Du also essen möchtest, obwohl Du keinen körperlichen Hunger hast, dann esse diese Mahlzeit oder diesen Snack ganz bewusst und ohne Ablenkung und geniesse das Essen. Schau' aber, dass solche Momente eher die Ausnahme bleiben, denn emotionales Essen ist auch für Deinen Körper nicht gesund, denn er weiss im Grunde in dem Moment gar nicht, was er mit dem Essen anfangen soll und lagert es vermutlich in Fettdepots um.
Was also tun, wenn der emotionale Hunger anklopft? Erstmal frage Dich, ob Du jetzt wirklich Nahrung brauchst oder ob es etwas anderes ist, was Du gerade benötigst, wie z.B. Trost, Zuspruch, eine Umarmung, jemanden anrufen, Schlaf, eine Belohnung oder vielleicht willst Du einfach mal nur für 15 Minuten für Dich allein sein. Atme 3x tief ein und aus und frage Dich, was will ich wirklich? Habe ich wirklich Hunger oder will ich mich nur anders fühlen? Falls zweiteres, wie willst Du Dich fühlen? Wie kannst Du Dir dieses Gefühl anders geben als mit Essen? Am Anfang ist es nicht so leicht, das herauszufinden, aber Übung macht den Meister. Und sei Dir immer bewusst, dass wenn Du aus emotionalen Gründen isst, wirst Du vermutlich nie wirklich "satt", weil Du das Essen als Ersatz für etwas anderes missbrauchst.
Wie Du den emotionalen Hunger vom körperlichen Hunger unterscheiden kannst, erkläre ich in einem nächsten Blogartikel.
Schreib mir gerne in die Kommentare, ob Dir dieser Artikel geholfen hast und ob emotionales Essen bei Dir ein Thema ist. Ich freue mich auf jegliches Feedback!
Photocredit: © kentannenbaum46 fotolia
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Madleina (Sonntag, 09 September 2018 14:29)
Danke für den wertvollen Artikel ❤️
Andrea (Sonntag, 09 September 2018 21:50)
Danke für den tollen Beitrag... man könnte denken du hast über mich geschrieben.
Andrea (Sonntag, 16 September 2018 15:36)
Liebe Carole.
Ich habe mir schon seit längerem gedacht, dass irgendetwas bei mir und dem Essen nicht richtig läuft.
Seit ich ein Hörbuch zum Thema emotionales Essen gehört habe, hätte ich viele AHA Momente.
Jetzt hoffe ich, dass ich durch ein Coaching bei Dir und Achtsamkeit in meinem Leben irgendwann zu einem gesunden Leben und Körper finden werde denn die stete Zunahme stresst mich und lässt mich jeden Tag unzufriedener und unglücklicher werden...
Danke für den Beitrag.
Ich hoffe es folgen noch mehr zu der Thematik.
Annekatrin (Montag, 07 Januar 2019 18:25)
Toller Artikel! Ich habe das so noch nie gelesen. Danke für diese großartige Erklärung!